20.04.2024

Ghostwriting? Der „Fall“ Freiherr Dr. zu Guttenberg

 

Berlin. – Ghostwriting sei grundsätzlich nicht unmoralisch. Das erklärte Karl-Heinz Smuda in einem Hörfunkinterview. Smuda ist Ghostwriter und Lektor in der deutschen Hauptstadt.

Der Ghostwriter mahnte zur Zurückhaltung im „Fall“ zu Guttenberg, bis die Vorwürfe aufgeklärt seien. Smuda stellte die Frage, wie sorgfältig die Doktorväter von Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg bei der Begutachtung der Dissertation gearbeitet hätten, weil der CSU-Politiker die Bestnote „summa cum laude“ erhalten hat.

Zu den Vorwürfen gegen den Minister gehören die, Textteile übernommen zu haben. Dies lasse sich über Suchmaschinen überprüfen.

Fragen:

„Hatte zu Guttenberg genug Zeit für seine Dissertation? Er saß im Bundestag, war Obmann im Auswärtigen Ausschuss leitete einen CSU-Fachausschuss für Außenpolitik. Seine beiden Töchter waren noch nicht in der Schule.

Ist da nicht die Frage erlaubt, ob die Mitarbeiter v. Guttenbergs Arbeit geschrieben haben? Haben sie sich, wenn das zutreffen sollte, nicht gesagt: Das liest sowieso keiner. Weiß das nicht jede Universität, wie Politiker zuweilen ihre Doktorarbeiten geschrieben haben und schreiben: Und redet man an den Universitäten lieber nicht darüber, sondern winkt das durch?

Wenn Mitarbeiter die Arbeit geschrieben haben sollten, gilt eines mit Bestimmtheit: Der Chef ist immer schuld. Darin liegt das grundsätzliche Problem.“

zu Guttenberg

Zu den Mutmaßungen gehöre es, dass der Politiker einen Ghostwriter beschäftigt haben könnte.

Abgesehen von den Sanktionen der Prüfungsämter, die Studenten auf die Schliche gekommen sind, sehe Smuda die moralische Komponente, wonach sich studentische Auftraggeber später in ihren Berufen bewähren müssten. „Es gehört weiterhin zur Verlotterung der Sitten, dass sich Begüterte und Einflussreiche Ghostwriter leisten könnten – während der gewöhnliche Student an seinem verdienten Doktortitel selbst arbeiten müssen.“

Hier gäbe es die moralische Verantwortung der Ghostwriter für akademische Arbeiten. „Geschäft ist jedoch bei Honoraren, die in die Zehntausende gehen können, Geschäft: Das wird so bleiben!“, gab Smuda sich nüchtern.

„Sicher lacht man in Italien über die deutsche Diskussion.“ Deutschland käme den dortigen Verhältnissen doch sehr nah, sagte Smuda.

Schönes Leben

Smuda betonte, dass er als Ghostwriter nicht für Studenten arbeite. Woche für Woche träfen Anfragen ein, auch für die Erstellung von Doktorarbeiten: „Ich bin müde geworden. Nun schicke ich einen Link zu meiner Webseite, um zu erklären, warum ich solche Aufträge nicht annehme.“ Es handele sich regelmäßig um anonyme Anfragen, wie teuer die Leistung und wann sie fertig sei.

Die Anfragen bei ihm stammten oft von Studierenden, deren Eltern die Kosten übernähmen, „damit sich deren Söhne und Töchter um ihre Beziehungen oder ihr Freizeitvergnügen kümmern könnten“.

Grenzsituationen

Es gäbe Fälle, die am Prinzip der Ablehnung nichts änderten, jedoch handele es sich um Studenten, die an schweren Krankheiten oder der beruflichen Überlastung litten und um ihre Zukunft fürchteten.

Smuda sähe das Problem, dass ehemalige Studenten lebenslang mit der Furcht leben müssten, eines Tages ertappt zu werden. Nicht die Ghostwriter seien das Problem, sondern die Akademiker selber, die ihr Geheimnis nicht für sich behalten könnten.

Ghostwriter Smuda kenne Geschichten von Ehefrauen und Freunden, die sich nach Jahren rächten. Andernfalls müssten die früheren Studenten lebenslang eine Last tragen: die des Verschweigens und Lügens gegenüber engsten Vertrauten.

Ghostwriting für Unternehmen

Anders sähe die Arbeit als Ghostwriter für literarisch ambitionierte Privatleute und für Unternehmen aus. Dort werde auf Fertigkeiten vertraut. Informationsmaterial oder fortlaufend Ideen käme von dort, um einer Arbeit Gestalt zu geben.

„Diese Arbeiten entscheiden jedoch nicht über die Zukunft.“, sagte Smuda.

Ghostwriting ist Teil des Marketings

Der Einsatz eines Ghostwriters gehöre zu den Marketingideen von Unternehmen, die Hintergründe für ihre Kunden oder Geschäftsfreunde beleuchten lassen. „Um Betrug handelt es sich nie.“ Broschüren, Kataloge, Selbstdarstellungen: Sie alle würden von Textern erstellt werden, die selten in Erscheinung treten.

Anders sei das bei Studenten, die geistige Leistungen von Fremden erstellen ließen und als ihre eigenen ausgäben: „Selten folgt die Quittung, aber sie folgt dann mit verheerenden Konsequenzen.“