18.04.2024

Planung: Bauplan für den Roman erstellen

 

Viele Autorinnen und Autoren haben einen Plan. Sie legen vor dem Schreiben nicht nur die Handlung fest, sondern konzentrieren sich auf Personen, die im Buchmanuskript vorkommen werden. Jeder Protagonist, jede Protagonisten bekommt einen anderen Stellenwert. Alles gehört zusammen, doch an seinen Platz.

Wer dem Plan folgt, wird es einfacher haben, mit dem guten Überblick sein Werk zusammenhängend scheibend zu gestalten. Es wird sich nicht die Frage stellen: Wie geht es weiter? Worauf läuft alles hinaus? Was will ich dem Leser erzählen?

Der gute Rhetoriker macht es sprachlich ähnlich. Er sagt, was ist, und will von seinem Publikum wissen: Warum sage ich das? Dann berichtet er über frühere Begebenheiten. Plötzlich ist das Banale sehr interessant, weil Zusammenhänge bestehen. Diese Konstrukte lassen sich vorher planen. Die Geschichte muss in großen, nicht in groben Zügen vorhanden sein, ihr Anfang und ihr Ende. Wenn wir an eine lange Straße denken, fahren wir ab und wieder auf, entdecken wir während des Vorbeifahrens, mal langsam und mal schnell, Dörfer, Landschaften, Menschen.

Nirgendwo ist nichts los. Der klare Blick hilft selbst dann, wenn es sich nur um das Wetter handelt, um die Bewegung auf dem Deich, um das Watscheln über schmale Wege zwischen hohen Häusern, wenn es darum geht, wie nasse Basaltsteine nachts im Schein der Laternen wirken, als seien sie lackiert worden.

Zur Arbeit gehört die Planung. Sie benötigen einen Bauplan für den Roman.Ich bin sicher, dass nicht Mut zum Schreiben gehört, sondern die Mühe, unermüdlich in vielen kleinen Schritten denken zu wollen, Details wiederzugeben und niemals zu sagen: Das kann sich der Leser doch denken. Und wenn er das unzweifelhaft kann, ist es, als zeige ich ihm ein Foto mit einem besonderen Blickwinkel, auf den er nicht gekommen wäre. So müssen wir denken und schreiben. Dazu gehört ein guter Plan.

Auf dem Foto rechts ist ein solcher Plan zu sehen. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hat ihn abgebildet. So hat der Autor Walter Kempowski sein Werk entwickelt.

Es stellen sich Fragen: Wie will ich erzählen? Welche Zeitform ist gut?

In den Exposés für Verlage erläutern Autoren, wie sie die Charaktere der handelnden Personen gestaltet haben. Da gibt es Listen, die knapp gehalten sind, über die bärbeißige Tante, den labilen Bruder, die entschlossene Mutter.

Die einzelnen Skizzen, wie die Menschen im Manuskript zu sein haben, lassen sich überprüfen. Zu oft werden Klischees verwendet, wenn die Mutter schon wieder still leidet, sich der Vater herzensgut um nichts kümmert.

Im Leben gibt es allerdings nur wenige Themen: Liebe, Tod, Leiden, Glück … Daraus müssen Facetten gebildet werden. Liebesgeschichten gibt es zuhauf. Die Anzahl der Facetten ist riesengroß. Deshalb gibt es seit Jahrzehnten und Jahrhunderten immer wieder neue Liebesgeschichten.

Stellen wir uns einen Baum mit drei starken Ästen vor. Aus ihnen wachsen Zweige ohne Blätter oder blühend und sprießend. Diese Zweige, übertragen auf den Text, sind unsere Varianten, welche Seiten das Wachstum haben kann. Vor uns steht ein großer Baum, keiner wie ein anderer.

Einheitlich muss die Zeitform nicht sein. Rückblicke sind gut. Die Erinnerung hilft, dann zu interpretieren, wenn die Gegenwart unübersichtlich geworden ist. Es ist wie im Leben: Geschichte treibt voran, Erinnerung hilft, Entscheidungen zu fällen oder sich einzugestehen, im Grunde auf Fehlern nichts gelernt zu haben. Im persönlichen Bereich ist das die Erfahrung. Warum ist jemand so geworden, wie er ist? Ereignisse in der Vergangenheit geben wunderbare Hilfen, wenn es um Haltungen und Befindlichkeiten geht.

Traditionen in den Familien spielen besondere Rollen. Das lässt sich besonders gut in den „Buddenbrooks“ von Thomas Mann erkennen, dem Niedergang einer Familie. Nicht anders ist das in „Hundert Jahre Einsamkeit“, in der Geschichte einer Familie, die trotz vieler Kuriosa am Ende mit den Letzten im Meer der Einsamkeit verlorengeht.

Ein Roman kann reichlich langweilig werden, wenn immer wieder ellenlang Personen eingeführt werden, die Geschichte nicht deutlich macht, wer die Hauptpersonen sind, was sie mit den Nebendarstellern zu tun haben.

Skizzieren Sie die Geschichte. Legen Sie fest, welche Personen vorkommen. Nehmen Sie Gewichtungen vor. Entscheiden Sie sich, Erkenntnisse mit Rück- und Ausblicken zu vermitteln. Überlassen Sie dem Leser, wie er denken soll. Nach dieser Vorarbeit ist es bestimmt einfacher, jedoch nicht mühelos, das gut entwickelte Buchmanuskript in Form zu bringen.

Indessen ist es gut, wenn ein Fachmann das Konzept prüft und diskutiert oder die Handlung konstruktiv auf den Prüfstand stellt. Dafür gibt es die Manuskriptberatung und das professionelle Lektorat.